Der amerikanische Kaufmann Melvin Jones aus Illinois überzeugte mitten im ersten Weltkrieg einen Freundeskreis von Geschäftsleuten, eine Vereinigung zu gründen, die sich zum Wohl der Gemeinschaft einsetzt. Die damals vereinzelten Geschäftsclubs formierten sich am 7. Juni 1917 im LaSalle Hotel in Chicago zu einer Vereinigung, die sich den Namen Association of LIONS Clubs gab. Noch im gleichen Jahr fand ein nationaler Kongress statt, in dem eine Satzung mit Zielen und ethischen Leitsätzen festgelegt wurde, die bis heute noch Bestand haben.
In der Ausgabe des LION-Magazins vom Januar 1931 wurde folgende Interpretation des Namens unserer Vereinigung vorgestellt:
„Die Wahl unseres Namens erfolgte weder per Zufall, noch ist es ein rein erfundener Name. Seit undenkbaren Zeiten ist der Löwe das Symbol für alles Gute, und diese Symbolik ist der Grund, warum wir uns für diesen Namen entschieden haben. Vier herausragende Eigenschaften – Mut, Stärke, Tatkraft und Treue – hatten einen großen Anteil an der Auswahl des Namens. Die zuletzt erwähnte Eigenschaft, Treue, hat eine tiefe und besondere Bedeutung für alle Lions. Das Symbol des Löwen war zu allen Zeiten und in allen alten und modernen Nationen ein Symbol für Treue. Es steht für Loyalität zu einem Freund, Loyalität zu einem Grundsatz, Loyalität zur Pflicht, Loyalität zu dem in einen selbst gesetzten Vertrauen.“
Zudem stehen die Buchstaben „LIONS“ für die englischen Begriffe Liberty, Intelligence, Our Nations Safety. Auf Deutsch darf man das heute interpretieren als „Freiheit des Geistes und Weisheit des Handelns zum Wohlergehen aller Länder dieser Erde“.
Helen Keller forderte die Lions dazu auf, „Ritter der Blinden im Kreuzzug gegen die Dunkelheit“ zu werden.
Im Rückblick auf ein Jahrhundert der Hilfsdienste von LCI sind die Lions rund um den Globus vor allem für ihren Einsatz für blinde und sehbehinderte Menschen bekannt. Von Sehtestprogrammen über Partnerschaften zur Ausbildung von Blindenführhunden bis hin zur Unterstützung pädiatrischer Augengesundheitszentren engagieren sich die Lions seit fast 100 Jahren auf vielfältige Weise für das Wohl von Menschen mit Sehbehinderungen. Diese weltweite Bewegung geht auf die Initiative einer außergewöhnlichen Frau zurück.
Dies ist ihre Geschichte.
Biografie Helen Keller
Helen Keller wurde 1880 in Tuscumbia im US-Bundesstaat Alabama geboren. Im Alter von 18 Monaten verlor sie infolge einer schweren Fiebererkrankung ihr Seh- und Hörvermögen.
Mit der Hilfe einer außergewöhnlichen Lehrerin, Anne Mansfield Sullivan von der Perkins-Blindenschule, erlernte Helen Keller ein Fingeralphabet und die Brailleschrift. Einige Jahre später erlernte sie sogar die Lautsprache. Als Erwachsene wurde sie zu einer unermüdlichen Kämpferin für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Im Jahr 1925 nahm Keller am internationalen Lions-Kongress teil und appellierte an die Lions, sich als „Ritter der Blinden im Kreuzzug gegen die Dunkelheit“ einzusetzen.
Die Lions nahmen die Herausforderung an, und seitdem sind die Sehkraftprogramme zur Vorbeugung vermeidbarer Erblindungen ein wichtiger Teil unserer Arbeit.
Im Jahr 1971 erklärte der Vorstand von Lions Clubs International den 1. Juni zum Helen-Keller-Tag. An diesem Tag werden überall auf der Welt Lions-Projekte zur Erhaltung der Sehkraft durchgeführt.
1925: Die Rede im Rahmen des internationalen Kongresses von Lions Clubs International
Helen Kellers berühmte Rede auf dem internationalen Kongress der Lions im Jahr 1925 markiert den Beginn einer Ära des Engagements für blinde Menschen und die Erhaltung der Sehkraft, dem sich die Lions auch Jahrzehnte später noch unverändert verpflichtet fühlen. Ihre Rede ist im Folgenden in voller Länge abgedruckt.
Rede Helen Keller
Cedar Point, US-Bundesstaat Ohio, Dienstag, 30. Juni 1925
Sehr geehrte Lions und Ladies,
sicherlich kennen Sie die Geschichte, in der die Gelegenheit als eine launenhafte Dame beschrieben wird, die nur einmal an jede Tür klopft, und wenn die Tür nicht schnell geöffnet wird, zieht sie weiter und kehrt nie mehr zurück. Und so ist es tatsächlich. Liebenswürdige attraktive Damen warten nicht. Man muss die Chance ergreifen und sie festhalten.
Ich bin Ihre Gelegenheit. Ich klopfe an Ihre Tür. Ich möchte adoptiert werden. In der Geschichte wird nicht erwähnt, was man tun soll, wenn mehrere schöne Gelegenheiten vor derselben Tür erscheinen. Ich denke, man sollte diejenige auswählen, die einem am besten gefällt. Ich hoffe, dass Sie mich adoptieren werden. Ich bin die Jüngste hier, und was ich Ihnen anbiete, sind unzählige, wunderbare Gelegenheiten, um Menschen zu helfen.
Die American Foundation for the Blind ist erst vier Jahre alt. Sie wurde gegründet, um die dringendsten Bedürfnisse der Blinden zu vertreten, und sie wurde von den Blinden selbst ins Leben gerufen. Ihre Bedeutung und ihr Anliegen sind nicht auf unser Land begrenzt, sondern von internationaler Gültigkeit. Sie repräsentiert die besten und bislang fortschrittlichsten Entwicklungen in unserem Fachgebiet. Ihr Ziel ist, Blinden auf der ganzen Welt ein erfüllteres Leben zu schenken, indem das wirtschaftliche Wohl dieser Menschen verbessert wird und sie die Möglichkeit erhalten, mit Freude normalen Tätigkeiten nachzugehen.
Versuchen Sie sich vorzustellen, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie heute plötzlich erblinden würden. Stellen Sie sich vor, wie Sie am helllichten Tage genauso wie in der Nacht stolpern und tasten und wie Sie Ihre Arbeit und Ihre Unabhängigkeit verlieren. Wären Sie nicht froh, wenn in dieser Dunkelheit ein Freund Ihre Hand nehmen und sagen würde: „Komm mit. Ich zeige Dir, wie Du die Dinge tun kannst, die Du früher gemacht hast, als Du noch sehen konntest“? So ein Freund kann die American Foundation für alle Blinden in diesem Land werden, wenn sehende Menschen ihr die Unterstützung zukommen lassen, die sie benötigt.
Sie haben durch die Worte anderer erfahren, wie ein Lichtstrahl von einer anderen Seele die Dunkelheit meines Geistes berührte und ich mich selbst, die Welt und Gott fand. Nur weil meine Lehrerin von mir gehört hatte und einen Weg durch das dunkle, stille Gefängnis fand, das mich umgab, kann ich heute für mich selbst und für andere Menschen etwas leisten. Wir wünschen uns diese Aufmerksamkeit viel mehr als das Geld. Ein Geschenk, das ohne die Zuneigung und das Interesse des Schenkenden überreicht wird, ist eine leere Geste. Wenn Sie unserem Anliegen Beachtung schenken und wir das Interesse der Menschen dieses großartigen Landes wecken können, werden die Blinden über ihre Blindheit triumphieren.
Die Gelegenheit, die ich Ihnen bringe, liebe Lions, ist folgende: die Arbeit der American Foundation for the Blind zu unterstützen und zu fördern. Möchten Sie mir nicht helfen, den Tag schneller herbeizuführen, an dem es keine vermeidbaren Erblindungen mehr gibt, keinem tauben, blinden Kind mehr die Bildung verwehrt bleibt und kein blinder Mann und keine blinde Frau mehr ohne Unterstützung auskommen muss? Ich appelliere an Sie, liebe Lions, die Sie Ihre Seh- und Hörfähigkeit haben und stark, mutig und gütig sind. Wollen Sie nicht Ritter der Blinden im Kreuzzug gegen die Dunkelheit werden?